Das Bauhaus Dessau verleugnet seine Geschichte
ACHTUNG - Alla Feine Sahne Fischfilet una punk band tedesca, potrebbe essere vietato di esibirsi nello storico edificio Bauhaus di Dessau.
Eine linke Punkband darf nicht im historischen Bauhaus-Gebäude Dessau auftreten. Die offizielle Begründung zeigt, wie wenig das Haus die eigene Vergangenheit verstanden hat.
Anti-Rechts-Band Feine Sahne Fischfilet: Punkrock für die geilen Leute
Seit sieben Jahren lädt das ZDF Musiker in die wunderschöne Aula des Bauhauses Dessau zu Konzerten ein. Mehr als hundert Auftritte gab es bereits, jeweils nur vor ein paar Dutzend Zuschauern. Denn in dem kleinen Saal stehen kaum mehr als 150 Stahlrohr-Klappsessel.
Am 6. November sollte dort nun die linke Punkband Feine Sahne Fischfilet auftreten. So hatte man das zumindest beim ZDF geplant. Doch die Stiftung Bauhaus sagte die Veranstaltung kurzfristig ab, nachdem rechte Gruppierungen im Internet gegen den Auftritt mobil gemacht hatten.
Man wolle kein Austragungsort politischer Agitation und Aggression werden, hieß es. Dem WDR sagte eine Sprecherin der Stiftung: "Wir als Bauhaus sind ein bewusst unpolitischer Ort."
"Entartete Kunst"
Das Bauhaus - ein unpolitischer Ort? Ernsthaft? Das Bauhaus wurde zweimal in Deutschland aus politischen Gründen geschlossen. Erst 1925 in Weimar auf Druck rechter Kräfte - und dann 1932 von den Nazis, die den Dessauer Gemeinderat dominierten. Viele Bauhäusler mussten ab 1933 Deutschland verlassen, sie wurden hier wegen ihrer "entarteten Kunst" verfolgt.
Und im Jahr 2018 soll im Bauhaus eine linke Punkband nicht auftreten dürfen, weil sie zu politisch ist? Eine Band, die sich seit Jahren im Kampf gegen Neonazis engagiert, die jungen Menschen zeigt, dass es auch in Ostdeutschland noch etwas anderes gibt als rechts und ganz rechts?
Mehr Geschichtsleugnung geht kaum. Das Bauhaus in Dessau ist ein Mahnmal gegen die Kulturbarbarei der Nazis. Die NSDAP hätte es schon Anfang der Dreißigerjahre am liebsten abgerissen.
Ikonen der Moderne
Die Gebäude in Dessau sind auch ein trauriger Ort, an dem man sehen kann, wie viel kreatives Potenzial Deutschland verloren hat durch zwölf Jahre Naziherrschaft. Die vertriebenen Bauhäusler haben in Chicago gebaut und in Tel Aviv. Der Maler Wassily Kandinsky zog nach Frankreich, der Grafiker Lyonel Feininger ging in die USA.
Die brüske Absage an Feine Sahne Fischfilet hat womöglich auch mit einigen Liedzeilen der Band zu tun, in denen sie angeblich zu Gewalt aufruft oder zum Widerstand gegen den deutschen Staat. Ja, es gibt tatsächlich alte Texte, die man so interpretieren kann. Und Feine Sahne Fischfilet wurde auch schon vom Verfassungsschutz beobachtet.
Doch wer die Band heute in einem Konzert besucht, wird feststellen, dass sie die kritisierten alten Titel schon lange nicht mehr spielt. Sänger Jan "Monchi" Gorkow hat sich sogar ausdrücklich vom Song "Staatsgewalt" distanziert. "Er ist uns schlicht zu platt", sagte er. Der "Tagesspiegel" etwa attestiert der einstigen Antifa-Band heute sogar eine Tendenz zum Mainstream.
Band im Porträt
Der wahre Grund der Konzertabsage ist vermutlich ein ganz anderer: Es ist die Angst vor politischen Auseinandersetzungen. Die Angst davor, dass Dessau Schlagzeilen macht, weil Nazis vorm Bauhaus aufziehen und die Kameras von CNN und Co. draufhalten. So wie kürzlich in Chemnitz und Köthen.
Wenn aber der Auftritt einer linken Band als nicht hinnehmbare Provokation gilt, die man verhindern muss, dann haben die Rechten von AfD bis zu Hardcore-Nazis gewonnen.
Dass ausgerechnet die Erben der von den Nazis aus Deutschland vertriebenen Bauhäusler dies ermöglichen, ist ein Skandal.
Quelle: Spiegel